Paid Content (3)

Wie sich mit Inhalten im Netz in Zukunft Geld verdienen lässt

Nachdem ich in Folge Eins von „Paid Content“ das Trendumfeld beschrieben habe, das der Idee, vom Nutzer Geld für Inhalte zu verlangen, entgegen steht und in Folge Zwei die Gratis-Konkurrenz und die strategischen Widersprüche zu Bezahlinhalten analysiert habe, geht es jetzt in Folge Drei darum, wie mit Inhalten Geld zu verdienen wäre, ohne beim Nutzer abzukassieren. (Die Slides zum Vortrag auf der Internet World finden sich hier.)

Ich sehe fünf Optionen für ein Content-Business der Zukunft.

  1. 1. Promotion: Das erste Modell ist sozusagen das „Worst Case“-Modell. (Dann haben wir es hinter uns.) Wenn die Print-Produzenten den Anschluss an die Digitale Welt (beispielsweise durch Einführung von Bezahlschranken) verlieren, droht den Content-Produzenten ein Bedeutungsverlust, wie es vergleichsweise die Radiobranche erlebt hat. Alle Lifestyle-Magazine und Belanglos-Medien könnten dann in der unerfreulichen Endlos-Schleife von Publikums-Marketing, Reisen- und Event-Promototionen und Publikums-Animateuren enden. Sie wären dann die Content-Äqivalente von Home-Shopping-Kanälen und Kaufhaus-Promotoren, die Wunderhaushaltsgeräte verkaufen. Sie wären dazu verurteilt, ihr Geld mit marktschreierischen Aktivitäten und der Promotion und dem Verkauf von Events, Reisen, Produkten, Sondereditionen und dergleichen zu verdienen.
  2. Nische: So schlimm muss es nicht kommen. Für alle Medien ist immer die Option offen, Geld in Nischen zu verdienen. Mit General Interest-Themen (gratis!) wird für Traffic und Attention gesorgt, in den Nischen von Special Interest, Wissen, Spezial-Datenbanken, aber auch in den Bereichen Personal Coaching, Luxus, Style und Attitüde werden dann – möglicherweise auch per Abo-, Club- oder Exklusiv-Modellen – die nötigen Renditen erzielt. Das Luxus-Netzwerk „A Small World“ macht es vor. Je besser, exklusiver und optimal maßgeschneidert die Inhalte hier sind, desto eher lässt sich damit auch in Zukunft Geld verdienen. Aber sicher eher aus der Haltung eines Personal Coach (Concierge-Service) als eines Besserwissers heraus.
  3. Corporate: Je mehr Firmen entdecken, dass es Sinn macht, Kunden mittels qualitativen Inhalten an sich zu binden (und dabei nebenbei positive SEO-Effekte zu erzielen), können Medienhäuser mit passgenau für diese Firmen, ihr Markenimage und deren Positionierung produzierten Inhalten Geld verdienen. Sie müssen nur Abschied nehmen von dem Irrglauben, alte, beliebige und lieblos produzierte Artikel, schlimmstenfalls aus der Print-Produktion, hier noch einmal zu Mondpreisen verkaufen zu wollen. Sie werden hier reine Zulieferer sein. Alle Ambitionen auch noch in der Vermarktung tätig sein zu wollen, gehen in die Irre. Die Firmen brauchen Content-Profis, die nämlich fehlen durchweg selbst in großen Konzernen. Das muss outgesourced werden. Marketing und CRM können die meisten Firmen selbst – und meist besser als Medienhäuser.
  4. Funding: Wenn es um wirklich gute Medienmarken und Spitzenjournalismus geht, ist mir um die Bezahlung nicht bange. Es wird in absehbarer Zeit immer genug Menschen geben, die bereitwillig hervorragende Analysen, kompetente Kommentare und guten investigativen Journalismus zu bezahlen bereit sind. Das muss nicht in einer penetranten Bettelei à la „taz“ enden. Wikipedia zeigt, dass man so etwas auch ganz cool, kooperativ und beeindruckend erfolgreich durchziehen kann. Die Idee, ein bequemes System freiwilliger Zahlung zu installieren, das Blogger wie Content-Profis nutzen können, ist in diesem Zusammenhang bestechend. Mal sehen, ob dieser Ansatz, den Peter Sunde (Bittorrent) mit flattr.com verfolgt, in die richtige Richtung geht. Möglich auch, dass Stiftungen (wie schon in den USA üblich) oder Verbände in Sachen Crowd-Funding aktiv werden. Sieht man die Intelligenz, mit der professionelle Spendenorganisationen im Digitalen Raum agieren und die daraus resultierenden finanziellen Erfolge, kann Funding, also eine freiwillige Zahlung, ein funktionierendes Businessmodell sein. Qualität und Nutzernähe vorausgesetzt.
  5. Payment: Mit einem Paradox hat diese Auseinandersetzung über Paid Content begonnen. Ein Paradox steht auch am Ende. Trotz der vielen Argumente gegen Bezahlschranken für Content ist es durchaus denkbar, dass es (genug) Menschen gibt, die bereit sind, für starke Medienmarken und erstklassige Inhalte Geld auszugeben. Vor allem die Generation, die gewohnt ist, Abogebühren zu zahlen, um dann – größtenteils ungelesenes – Papier an die Haustüre geliefert zu bekommen, sind dafür möglicherweise zu gewinnen. Voraussetzung dafür sind aber extrem bequeme und einfach zu bedienende (Micro-)Payment-Systeme und eine smarte und sensible Preispolitik.

Eines aber ist absehbar. Das alte Businessmodell der großen Medienhäuser und Content-Produzenten ist tot. Einzig auf Anzeigen-Income (inkl. Kleinanzeigen) und Verkaufserlöse zu setzen, kann nicht mehr funktionieren. Das hat keinerlei Perspektive. Wahrscheinlicher ist statt diesem simplen ein komplexeres Businessmodell, dass sich stets an den Markt anpasst und konsequent kreativ weiterentwickelt wird.

Statt zwei starker Income-Zuflüsse muss ein Businessmodell ein sich stetig änderndes Delta verschiedener, unterschiedlichster Umsatz-Generatoren managen. Folgende Optionen sind dabei heute absehbar:

  • Werbung (AdSense, Banner, Video etc.)
  • Promotion (PR, Advertoials etc.)
  • Sponsored Content
  • Corporate Publishing
  • Social Enthusiasm (Kollaboratives Marketing der Zukunft)
  • eCommerce (Shops & Sales)
  • Targetting (Kunden-Akquise)
  • Reputation (Kunden-Betreuung)
  • Content Aggregation
  • Beratungs-Services
  • Public Funding/Crowdfunding (Spenden & Co.)
  • Clubs & Services (Content & more)
  • Special Interest Content (Abo o.a.)

So vielfältig die Möglichkeiten der Umsatzgenerierung heute schon sind, sie werden noch weiter diversifizieren. Der digitale Markt entwickelt sich weiterhin extrem dynamisch und durch die Effekte der Social Media entwickelt er sich weiter in Richtung Kooperation und Kollaboration . Marketing, wie bisher praktiziert, also manipulativ und „von oben herab“, kann nicht mehr funktionieren. Damit auch nicht mehr wie gehabt die bisherigen Werbeformen und die bisherigen Werbeplattformen, also Print und TV.

Die Osmose von Werbung, Marketing und Promotion hin zu einem weniger hierarchischen, kollaborativen Element wird auch die Umsatzmöglichkeiten einschneidend verändern. Da gilt es, kreative Ideen zu haben – vor allem aber von alten Vorstellungen und alten Methoden Abschied zu nehmen. Unter anderem von der Idee, für Content Geld vom Nutzer kassieren zu können. (Und ganz nebenbei: Es würde dabei nie genug dabei herumkommen, um die Kosten für guten Content auch nur ansatzweise zu decken.)

3 Kommentare zu „Paid Content (3)

  1. Lieber Michael Konitzer, schöner Dreiteiler, danke schön!! Allerdings sehe ich die Zukunft nicht ganz so pessimistisch für Print. Zumindestens ich als zukünftiger iPad-Besitzer werde den großen Teil meiner Printlektüre bis hin zur Tageszeitung, so denn erhältlich, auf meinen iPad verlegen. Und ich weiß mich im lesefreudigen Freundeskreis durchaus in guter Gesellschaft. Wahr ist allerdings auch, daß das Ganze dann auch qualitativ und preislich spannend sein muß…Und eines steht fest: Bei aller Liebe zum Stern (und die ist oft groß), einen wePad werde ich mir dehalb nicht antun. Da wird das Pferd im Augenblick von hinten aufgezäumt!!

    1. Ich bin letztlich iPad-Skeptiker. Nicht was die Technik betrifft. Ich zweifle nur, ob es DAS große und einfache Gerät für die Masse wird. Für und Medienaffine vielleicht, aber wir würden ja auch Online-Abos so bezahlen. Aber die breite Masse muss mit offenen Schnittstellen, Convenience, billigem Anschaffungspreis, technischer Simplität und einfachen (Abo-)Preismodellen gewonnen werden. Da sind wir noch so weit weg. Auch und gerade das iPad.

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