Donald Trump: der Mann ohne Lachen


Cui bono – was treibt einen Menschen an?

Die einfachste Art und Weise einen Menschen zu verstehen (zu versuchen) ist zu hinterfragen: Was treibt ihn an? Was ist der Benefit aus seinem Handeln – und mag es noch so erratisch oder destruktiv sein? Was ist seine Motivation, was seine Triebfeder – oder auch seine Lebenslüge? Cui bono, was nützt ihm was?

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Es gibt ein paar Hinweise, was unser aktuelles universelles Schreckgespenst, Donald Trump, antreiben mag. Geld ist es nicht – davon hat er, so behauptet er, genug. Den Beweis dafür, seine Steuererklärung, liefert er aber nicht. Aufmerksamkeit und Anerkennung sind deutlich sein Lebenselixier. Noch nie war ein Mensch, noch dazu solch prominent exponiert, ein so typischer, offen durchschaubarer, sozusagen „transparenter“ Narzisst. Gegen Donald Trump war Silvio Berlusconi fast schon ein diskreter, zurückhaltender Mensch.

Rachdonald-trumpe ist Blutwurst

Aber seine Triebfeder, Präsident zu werden und der Präsident zu sein, wie er ihn so provokant und penetrant gibt, ist Rache. Den besten Hinweis darauf hat Richard Branson, Chef von „Virgin“ (und erklärter Hillary Clinton-Fan), geliefert. Er erzählt in seinem Blog von seinem ersten Treffen mit Trump vor einigen Jahren. Trump lud ihn nach zuhause im Trump-Tower ein und legte gleich, noch bevor man sich zum Essen hingesetzt hat, mit der Geschichte seines gerade überstandenen Bankrotts. Richard Branson befürchtete schon, um Geld angebettelt zu werden.

 

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Aber Trump wollte unbedingt diese Story loswerden: Er hatte diverse Menschen gebeten, ihm zu helfen, aus seiner finanziellen Bredouille herauszukommen. Fünf Menschen, auf die er gerechnet hatte, hatten ihm diese Hilfe verweigert. Den Rest seines Lebens wolle er jetzt, so Trump zu Branson, darauf verwenden, das Leben dieser fünf Menschen zu zerstören. Das sei sein Lebensziel. Branson beschreibt das Erlebnis – und den Abend mit Trump – als traurig, befremdlich und niederschmetternd.

Das desaströse Galadiner

Es ist also Rache, die Trump antreibt. Seine Feinde sind aber nicht nur diese ominösen fünf Menschen. Es gibt noch einen weiteren Feind, den er mit aller Macht und Kraft vernichten will: die Medien. Und wir alle durften dabei live zusehen, als ihm die Schmach angetan wurde, die in ihm womöglich erst die Idee entstehen ließ, ernsthaft für das Präsidentenamt zu kandidieren. Es geschah 2011 beim Galadiner der Korrespondenten am Weißen Haus 2011. Zunächst zog der Moderator des Abends, Seth Meyers, relativ bösartig über ihn her.

Es lohnt sich, die Ganzkörper-Erstarrung Trumps und seinen vor Wut hochrot anlaufenden Kopf während der Scherze über ihn zu beobachten. Die Gags über sich und die ziemlich herbe Verarschung scheinen ihm fast körperlich spürbare Schmerzen zu bereiten. Noch nie habe ich einen Menschen so uncool auf Scherze über sich reagieren sehen. Und seine Reaktion lässt die teilweise schwachen Pointen um so explosiver erscheinen. Exemplarisch kann man das im Video zwischen den Minuten 1:50 bis 2:20 und von 3:20 bis 4:00 beobachten. Keine Bewegung im Gesicht, kein befreiendes Grinsen, Lachen sowieso nicht.

Das Dilemma von Narzissten ist, dass sie über sich nicht lachen können. Noch schlimmer, sie halten es nicht aus, wenn über sie gelacht wird. Sie dürfen sich nicht einen Moment anzweifeln lassen. Sie dürfen nie in Frage gestellt werden. Das ist viel zu gefährlich. Ihr Selbstbewusstsein ist so schwach, dass sie dringend kontinuierlich Zuspruch brauchen, von außen oder in Selbstsuggestion. Lächerlichkeit ist das blanke Gegenteil zu Zuspruch. Es macht klein, es stellt in Frage. Daher ist jedes Lächerlich-Sein, jedes Lächerlich-Gemacht-Werden eine unglaublich massive Verletzung. Und je öffentlicher das geschieht, umso schlimmer. Und wenn die Kameras auch noch gnadenlos draufhalten, desaströs.

Mit einer kleinen Geste, einem schiefen Grinsen, einem lahmen Klatschen oder gar einem Herzhaften Lachen, ließe sich Gespött leicht die Spitze zu nehmen. Aber dazu braucht es eine wenigstens halbwegs stabile Persönlichkeit. Bezeichnend ist, dass Trump dazu nicht in der Lage ist. Er ist in seiner Wut gefangen, er ist in seiner Kränkung gelähmt.

Narzissten halten Gespött nicht aus

Das war allerdings erst Teil eins des Fiaskos. Dann kam der damalige Präsident Obama mit seiner launigen Rede. Und der tat sich besonders gütlich an seinem damaligen Hauptfeind Donald Trump, der ihn Tage zuvor genötigt hatte, seine Geburtsurkunde zu veröffentlichen, um zu beweisen, dass er in Hawaii, also den USA, geboren ist und nicht in Kenia und dass er nicht Muslim ist. Das alles hatte die Monate davor Donald Trump unablässig behauptet. Diese Demütigung zahlte Barack Obama nun Donald Trump heim. Und das demütigend. Man beachte wieder die Reaktion von Donald Trump. Hier im Zeitabschnitt zwischen Minute 3:10 und 4:50. Hier ist Trump wieder festgefroren, bis er sich am Ende eine Andeutung eines Grinsens abringt und kurz und scheu abwinkt.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Trump die Situation als extrem demütigend empfand. Nie mehr danach hat er das Galadiner der Korrespondenten im Weißen Haus besucht. Und auch für dieses Jahr hat er vorweg schon klar gemacht, dass er nicht kommt. Über ihn wird nicht gelacht. Punktum.

Motivation für die Präsidentschaft

Es wird gern erzählt, dass die Demütigung damals der endgültige Auslöser für Trump war, als Präsident zu kandidieren und dafür auch eigens Geld zu investieren. Das ist gut vorstellbar. Und die öffentliche Demütigung dürfte auch der Grund für den abgrundtiefen Hass von Donald Trump gegen die Medien und die Korrespondenten im Weißen Haus im Besonderen sein.

Es scheint, als hätte er seinen Lebensplan erweitert. Er will nicht nur das Leben der fünf Investoren, die ihn in der Not im Stich gelassen haben, vernichten. Er will auch die Medien zerstören. Vor allem die Medien, die sich über ihn lustig machen oder ihn dem Gespött von Menschen aussetzen. Das Motto ist klar: Trump First!

P.S.: Man muss sich nur die Bildergalerien von Donald Trump ansehen. Es gibt ihn in allen Arten von Grinsen. Ich habe kein Foto gefunden, in denen er mal frei und lauthals lacht. Er kann nur andere verlachen und schlechte Altmänner-Scherze machen. („grab her by the pussy…“) Er kann keine Witze und er kann nicht lachen. Lachen befreit, er ist gefangen in sich selbst. Und wir mit ihm.

Emotionen in Bits & Bytes 1


Lachen & weinen im Internet

Ich habe eine kleine, unerwartete körperliche Sensation erlebt. Am Bildschirm. Ich bin beim Lesen einer Email rot geworden. Im Gesicht. Nicht rot vor Wut. Nicht rot aus Scham. Na ja, der schöne Mix aus Scham und Stolz war es. Ich habe solch eine anrührende und für mich schöne Mail-Replik gelesen, dass mir doch tatsächlich ganz warm im Gesicht geworden ist. Es war das erste Mal, dass ich vor dem Bildschirm rot angelaufen bin.

Damit habe ich so ziemlich die komplette Palette menschlicher Emotionen am Bildschirm erlebt. Mir sind schon Tränen in die Augen geschossen. Damals in den Foren, in denen es nach dem 11. September darum ging, irgendwie den Schock dieses monströsen Anschlages zu verarbeiten. Da gab es wirklich anrührende Textbeiträge. Oder ein andermal ging es um Folter und Verfolgung in Dafur. Die Geschichten waren so eindringlich und authentisch, dass man sich seiner Tränen dafür nicht schämen musste.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich das erste Mal vor dem Bildschirm laut gelacht habe. Das war zum Beispiel bei dem ernsten jungen Mann, der durch das Zusammendrücken seiner Hände Prust-Geräusche  entlang der kompletten Tonleiter produzieren konnte und auf diese Weise die so komplexe „Bohemian Rhapsody“ von Queen – na, nennen wir es mal so: intonierte. Und das miesepetrige, traurige Gesicht des Künstlers dazu. Absurdistan lässt grüßen…

Lachen am Bildschirm ist nicht leicht. Am leichtesten fällt lauthalses Gelächter im Kino, im Chor mit vielen anderen Lachenden. Und wenn dann noch ein Mensch mit ansteckender Lache dabei ist, ist das Zwerchfell schwer gefährdet. (Wann entdeckt die Pharma-Industrie eigentlich diesen Ansteckungsherd? Vielleicht kann man auch dagegen – oder dafür? – eine Spritze entwickeln und per Krankenkassen finanzieren lassen. Schweine-Lache sozusagen…)

Lachen vor dem Bildschirm

Am heimischen Bildschirm laut heraus zu lachen, fällt schon schwerer. Da muss der Gag massiv oder besonders absurd kommen. (Das gelingt Harald Schmidt schon lange nicht mehr richtig!) Oder man hat neben sich einen Menschen sitzen, der einen Hang zum therapeutischen Lachen hat und einfach jede Gelegenheit zur Zwerchfellmassage nutzt. Auch das ist wunderbar ansteckend. Die ganz hohe Schule des monomanischen Lachens ist aber der PC-Bildschirm. Wer einen dort zum prustenden Lachen bringt, der muss schon sehr gut sein.

Ach ja, Wut und Zorn habe ich wohl am häufigsten und frühesten am Bildschirm erlebt. All die bösen Emails, die zu unüberlegt geschickt wurden, die besser einen Tag abhängen hätten sollen, bevor sie – wenn überhaupt – in emotionsärmerer Version auf den Weg geschickt wurden. Wie viel Adrenalin ist dabei unnötig freigesetzt worden!

Adrenalin per (Wut-)Email

Die kurioseste Episode zum Thema Wut-Email stammt aus meiner Zeit, als ich viel für englische Firmen gearbeitet habe. Nach einem zweitägigen Marathon-Meeting habe ich versucht, die mühsam erzielten Übereinkünfte per Email-Protokoll festzuhalten. Der Effekt: eine der wütendsten Email-Repliken, an die ich mich erinnern kann. Tenor der Philippika: du willst doch nur in ein paar Wochen anhand der Email abhaken, was nicht umgesetzt worden ist. – Genau das war die Absicht. Und genau das hat den Wutausbruch initiiert. Man konnte sich so mal nicht mehr auf das sonst übliche „misunderstanding“ hinausreden. (Das nur zur Krise der britischen Wirtschaft.)

Emotionen im Internet. Ein Stiefkind, wenn es um die Bewertung von Websites geht. Dabei ist das die wesentliche Frage, wie gut Digitale Medien so weit kommen werden, Emotionen zu transportieren und/oder Emotionen zu wecken. Clickraten, Unique User und Conversions in Ehren. Jetzt geht es darum, dass Digitale Medien reif genug werden, auch emotionale Werte zu transportieren und so auch bei Markenbildung und Markenpositionierung zu funktionieren. Das geht sicher mit einer gelungenen Einbindung von Videos und Animationen. Vor allem aber mit einem effektvollen Storytelling quer über sämtliche Digitalen Plattformen und Formate hinweg.