Schwarze Sheriffs reloaded

Investigativer Journalismus – Old School 

Es gibt die kleinen Siege in einer journalistischen Karriere. Dies hier ist genau ein solcher. Ich muss der Post-80er-Generation erklären, wer und was die „Schwarzen Sheriffs“ waren. Der Sieg? Sie sind heute Geschichte, man muss sie erklären! 

Michael Konitzer (l.) und Fidelis Mager 1983

 

Die Schwarzen Sheriffs waren ein komplett in schwarzer US-Cop-Montur auftretender, voll bewaffneter, privater Sicherheitsdienst, der in München lange Jahre in städtischem Auftrag in der U-Bahn, im Olympiapark und u. a. um die bayerischen Atomkraftwerken herum patrouillierten. 

Die paramilitärisch trainierte und organisierte Truppe sorgte immer wieder für Zwischenfälle und Skandale bei Übergriffen auf Penner und durch übermäßige Brutalität gegenüber Jugendlichen. Nicht zuletzt wurde auch Schusswaffen-Missbrauch – aus Langeweile – kolportiert. Aber die Schwarzen Sheriffs waren nicht nur deswegen ein „schwarzes“ Tuch. Sie erlangten als Muster für ein umstrittenes privates Sicherheitsunternehmen bundesweite Berühmtheit, besser Berüchtigtheit. Ein Reizthema der post-terroristischen, grünbewegten 80er-Jahre. 

All das natürlich genug Anlass für eine sich kritisch verstehende (Münchner) Stadtzeitung, sich dieses Themas anzunehmen. Um von den normalen, letztlich wenig ergiebigen Archiv-Artikeln wegzukommen und einen eigenen Zugang zum Themenkomplex zu bekommen, hatten wir in der Redaktion in bester Sponti-Manier (Achtung, wir schreiben das Jahr 1983!) auf die Idee, uns selbst als Schwarze Sheriffs zu kostümieren und so „ausgestattet“ auf Patrouille durch München zu gehen. 

Gedacht, getan. Fidelis Mager und ich als Chefredakteur mussten da selbst ran, wir hatten schließlich auch die Idee. Der größte Kostümverleiher der Stadt half uns auf kreative Weise weiter. Schirmmützen der Bundesbahn z.B. wurden schwarz umgefärbt, die Bewaffnung perfekt improvisiert, beispielsweise mit einem schwarz gefärbten Stück Holz, das gar nicht schlecht einen Pistolengriff simulierte. 

So marschierten wir dann zu verschiedenen Gelegenheiten durch das Zentrum Münchens und erlebten ein Stück Realsatire, wie wir sie uns selbst nicht erwartet hatten. Wir erlebten die einschüchternde Wirkung von Uniform und Patrouillen-Attitüde und die kleine Faschistoidität einer Großstadtgesellschaft (der 80er-Jahre) samt Polizeieinsatz gegen die (selbsternannten) Ordnungshüter. 

Link zur Original-Story 

Die komplette Story würde das Format dieses Blogeintrages sprengen. Daher habe ich die komplette Originalstory aus der Novemberausgabe 1983 der Münchner Stadtzeitung hier auf „The Difference“ gepostet. – Viel Spaß beim Lesen! 

Die Geschichte machte Furore. Erstmals berichtete auch die etablierte Presse über diese selbsternannten Journalisten der Alternativ-Presse. Die Auflage stieg, der Mut des Verlegers Arno Hess, der die Geschichte von Anfang an unterstützt hatte, wurde belohnt. Zudem bekamen wir viel Leserecho. Viele neue interessante Episoden von Fehlverhalten der Schwarzen Sheriffs wurden kolportiert. Vor allem aber meldeten sich nun (meist ehemalige) Mitarbeiter der Schwarzen Sheriffs und packten über die Missstände in dem Unternehmen aus. 

Juristisches Nachspiel 

Die Geschichte hatte noch ein kurioses juristisches Nachspiel. Fidelis Mager und ich wurden von der Stadt München, konkret vom damaligen Kreisverwaltungsreferenten (und sich heute gerne links gerierenden CSU-Bundestagsabgeordneten) Dr. Peter Gauweiler verklagt. Eine Verurteilung gestaltete sich mangels geeigneter Gesetze und unserer Vorsicht (keine Waffen) als relativ kompliziert. 

Letztlich wurden wir in erster Instanz wegen unberechtigten Tragens einer Berufsuniform (dabei wurden als Beispiel die Uniform der Taxifahrer und Hotelportiers genannt!) zu einer Geldstrafe verurteilt. In zweiter Instanz wurde das Urteil in eine Geldstrafe auf Vorbehalt (= Bewährung) abgemildert. Der Staatsanwalt entschuldigte sich danach bei uns Verurteilten, dass er das leider auf Druck von oben hatte verfolgen müssen. 

Noch Jahre später wurde ich immer wieder auf die Geschichte angesprochen. Sogar im Urlaub am Strand auf einer einsamen griechischen Insel: „… bist du nicht? …“ Dieses Stück investigativer Journalismus war nicht nur komisch und sonderbar, sondern traf wohl genau den Zeitgeist von damals. 

Und die Story hat bis heute ihre ganz spezielle Rezeptionsgeschichte. Ein häufiger Suchbegriff, mit denen Leser auf „The Difference“ kommen, ist „Schwarze Sheriffs“. Grund genug, diesen Artikel aus der vor-digitalen Zeit hier digital verfügbar – und findbar – zu machen.

Ein Kommentar zu „Schwarze Sheriffs reloaded

  1. na, du bist ja n scherzkeks, der link zum alten stadtzeitungsartikel führt auf ne fehlermeldung. nach bischen graben bei google, hab ich n dann doch noch gefunden: allerdings hat der funktionierende link zum artikel ja noch nicht mal im ANSATZ ne ähnliche adresse wie dein gesetzter (bis auf konitzer.wordpress 4 sure)…seis drum, hier isser:
    https://konitzer.wordpress.com/make-a-difference/humor-justitia/
    und danke für die erinnerungen an alte, bizzare seiten des schönen minga…den artikel kannt ich auch tatsächlich noch (mann, ist dit lange her, jezz quatsch ick endlich wien berliner, yeah 20 jahre ham jereicht)..

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